Konkurrenzfähigkeit der Kabelnetztechnologie

Fragen und Antworten zur Konkurrenzfähigkeit der Kabelnetztechnologie

1. Frage:
Die Kabelnetztechnologie wird im Vergleich zur Glasfasertechnologie manchmal als „Technologie der Vergangenheit“ bezeichnet. Es wird suggeriert, dass die (ältere) Kabelnetztechnologie der (neueren) Glasfasertechnologie unterlegen ist. Trifft dies zu?

Antwort:
Nein, dies trifft nicht zu. Die Kabelnetztechnologie ist eine hybride Netztechnologie: Die Netze bestehen zu 95% aus Glasfasern und – auf der letzten Meile bis zu den Liegenschaften/Wohnungen – zu 5% aus leistungsfähigen Koaxialkabeln. In Kombination mit dem aktuellen Übertragungsstandard DOCSIS 3.1 erlaubt diese Netztechnologie Bandbreiten von mehr als 1 Gigabit/s. Mit Einführung des neusten Übertragungsstandards DOCSIS 4.0 werden gar Bandbreiten möglich, die weit über 10 Gigabit/s hinausgehen. Kabelnetze können deshalb – heute und morgen – mit Glasfasernetzen mithalten. Übrigens: Auch die Swisscom setzt zum grossen Teil auf hybride Netztechnologien.


2. Frage:

Manchmal begegnet man der Aussage, dass die grossen Telekommunikationsunternehmen in der Schweiz – und international – konsequent auf die Glasfasertechnologie setzen. Trifft dies zu?

Antwort:
Nein, dies trifft nicht zu. Da es sehr teuer ist, Glasfasernetze bis in die Wohnungen (Fiber to the Home = FTTH) zu ziehen, setzen praktisch alle Telekommunikationsunternehmen – so auch die Swisscom – nebst FTTH auch auf hybride Netztechnologien. Diese gibt es in den verschiedensten Ausprägungen wie zum Beispiel Glasfasern bis ins Quartier (Fiber to the Curb = FTTC), Glasfasern bis zum Strassenverteiler (Fiber to the Street = FTTS) und Glasfasern bis zum Gebäude (Fiber to the Building = FTTB). Für das letzte Stück bis zu den Wohnungen wird das bestehende Kupferkabel (im Falle von Swisscom) oder das bestehende Koaxialkabel (im Falle der Kabelnetze) genutzt. Entsprechend investieren die grossen Telekommunikationsunternehmen in die Weiterentwicklung von hybriden Netztechnologien. So gehört zum Beispiel Liberty Global zu den grössten Unterstützern des neuen Standards DOCSIS 4.0, dank dem in Zukunft auf Kabelnetzen Bandbreiten von mehr als 10 Gigabit/s realisiert werden können.


3. Frage:
Das bestehende Telefonnetz der Swisscom und die Kabelnetze von Anbietern wie UPC, Quickline und Netplus haben eine ähnliche hybride Netzarchitektur aus Glasfasern und Kupferkabeln. Ist das Netz der Swisscom gleich leistungsfähig wie die Kabelnetze?

Antwort:
Nein, die Kabelnetze sind um ein Vielfaches leistungsfähiger als das bestehende Telefonnetz der Swisscom. Der Grund: Die Swisscom und die Kabelnetzbetreiber verwenden zur Überbrückung der letzten Meile bis zu den Wohnungen unterschiedliche Kabel. Die Kupferkabel, aus denen die letzte Meile des Swisscom-Netzes besteht, sind sehr störanfällig, was die Leistungsfähigkeit stark einschränkt. Dabei gilt: Je länger die Kupferkabelstrecke desto schwächer die Leistung. Dagegen sind Koaxialkabel, die von den Kabelnetzbetreiber verwendet werden, über längere Distanzen viel weniger störanfällig und um ein Vielfaches leistungsfähiger. In Kombination mit dem aktuellen Übertragungsstandard DOCSIS 3.1 können die Kabelnetze die von den Kunden geforderte Bandbreite langfristig liefern.


4. Frage:

Macht der Bau von Glasfasernetzen in der Schweiz die Kabelnetze mittel- bis langfristig überflüssig?

Antwort:
Nein. Da der Bau von Glasfasernetzen bis in die Wohnung (Fiber to the Home = FTTH) sehr teuer ist, wird die Versorgung der Schweiz mit Breitbandinternet und weiteren Telekomdiensten langfristig durch einen Mix aus verschiedenen Netztechnologien gewährleistet sein. Dazu gehören – nebst FTTH – hybride Festnetztechnologien aus Glasfasern und Kupferkabeln sowie Mobilfunktechnologien.


5. Frage:

Ist eine Kabelstrategie langfristig ausreichend?

Antwort:
Die Kabelnetzbetreiber in der Schweiz verfolgen keine „Kabelstrategie“, sondern eine Festnetzstrategie, bei der die Netze bedarfsgerecht und kontinuierlich ausgebaut werden. Dazu gehören selbstverständlich auch Projekte mit Glasfasern bis in die Wohnung (Fiber to the Home = FTTH). Die meisten SUISSEDIGITAL-Mitglieder erschliessen z.B. Neubauten konsequent mit FTTH und/oder bauen ihr bestehendes Netz kontinuierlich Richtung FTTH aus. Eine solch evolutive Netzausbaustrategie ist bedarfsorientiert, effizient und langfristig erfolgreich.


6. Frage:

Die Kabelnetze in der Schweiz verlieren seit Jahren TV-Anschlüsse. Ist die Kabelnetzbrancheauf dem absteigenden Ast?

Antwort:
Nein. Die Kabelnetze halten sich seit der Liberalisierung des Schweizer Fernmeldemarktes 1998 bravourös gegen einen marktmächtigen ehemaligen Telekom-Monopolisten und viele neue Mitkonkurrenten. Seit langer Zeit produzieren sie stabile operative Cashflows und halten den Infrastrukturwettbewerb und den Preisdruck hoch. Die Kabelnetze haben in der Schweiz das Flatrate-Internet erfunden und haben noch immer durchschnittlich 40%-Wachstumspotenzial im Bereich Breitbandinternet bei bestehenden TV-Kunden. Erhebliches Wachstumspotenzial besteht zudem im Geschäftskundenbereich inklusive der Erbringung von Leistungen für andere Telekommunikationsdienstanbieter. Die Kabelnetzbetreiber sind mit ihren Netzen direkt im Haus der Kunden. Damit sind sie im Festnetzbereich unabhängig und nicht auf Vorleistungen der Swisscom angewiesen. Die rückläufigen TV-Zahlen sind dem Umstand geschuldet, dass es bis vor ca. 10 Jahren keine ernstzunehmenden Alternativen für einen guten modernen TV-Empfang gegeben hat. Insofern sind diese Zahlen von einem sehr hohen Niveau rückläufig und vergleichbar mit dem konstanten Rückgang der Festnetztelefoniekunden von Swisscom.


7. Frage:

In den nächsten Jahren wird in der Schweiz das Netz für den Mobilfunkstandard 5G gebaut, der eine extrem hohe Leistungsfähigkeit verspricht. Damit werden die Festnetzinfrastrukturen überflüssig, oder?

Antwort:
Nein. Die Einführung von 5G wird Festnetzinfrastrukturen aus folgenden drei Gründen nicht überflüssig machen. Erstens wird es lange dauern, bis 5G eine vernünftige Abdeckung erreichen wird. Eine komplett flächendeckende Abdeckung mit 5G scheint auch langfristig unrealistisch zu sein. Man sieht es auch bei 4G: Sieben Jahre nach Beginn des Ausbaus gibt es immer noch unversorgte Gebiete. Zweitens werden die Festnetze auch in Zukunft zwingend zum Abtransport des Mobilfunkverkehrs benötigt; die 5G-Antennen müssen alle mit der Festnetzinfrastruktur verbunden werden. Und drittens ist Mobilfunk nicht überall die beste Lösung. Im Innern von Gebäuden ist es zum Beispiel erwiesenermassen besser, auf Festnetzinternet zu setzen. Der Grund: Mauern und Wände stellen für Mobilfunk-Signale Hindernisse dar, die zu Störungen und einer Leistungsreduktion führen können. Dies wird auch bei 5G der Fall sein. Wer in Wohnungen und Büros auf leistungsfähiges Breitbandinternet angewiesen ist, wird deshalb auch in Zukunft einen Festnetzanschluss benötigen. 5G und Festnetze sind komplementär, da sie dort ihre Stärken haben, wo die jeweilige andere Technologie schwach ist.


8. Frage:

Manchmal wird behauptet, dass die Kabelnetztechnologie dem Mobilfunkstandard 5G unterlegen ist. Stimmt das?

Antwort:
Nein. Die Kabelnetztechnologie ist 5G in keiner Art und Weise unterlegen. Im Gegenteil: Wenn es um Anwendungen mit hohen Anforderungen an Leistung, Geschwindigkeit und Stabilität im Innern von Gebäuden geht – wie z.B. beim kompetitiven Online-Gaming, 4K-Video-Streaming und Cloud-Lösungen – ist eine Festnetzlösung einer Mobilfunklösung überlegen. Der Grund: Mauern und Wände stellen für Mobilfunksignale Hindernisse dar, die zu Störungen und einer Leistungsreduktion führen können. 5G und Festnetze sind komplementär, da sie dort ihre Stärken haben, wo die jeweilige andere Technologie schwach ist.


9. Frage:

Ist die Einführung des Mobilfunkstandards 5G eine Bedrohung für die Kabelnetzbranche?

Anwort:
Nein. 5G und Festnetze sind komplementär, da sie dort ihre Stärken haben, wo die jeweilige andere Technologie schwach ist. 5G wird mobile Anwendungen für unterwegs auf ein bisher ungekanntes Leistungsniveau heben. Für Internetanwendungen im Innern von Gebäuden (Wohnungen, Büros) bleibt ein leistungsfähiger Kabelnetzanschluss die beste Wahl. Der Grund: Mauern und Wände stellen für Mobilfunksignale Hindernisse dar, die zu Störungen und einer Leistungsreduktion führen können. Zu beachten ist auch, dass es im Zusammenhang mit 5G sogar neue Geschäftsmöglichkeiten für die Kabelnetzindustrie geben wird. So könnten Kabelnetzbetreiber in Zukunft beim Abtransport von Daten von 5G-Antennen eine grössere Rolle spielen. 5G ist also keine Bedrohung für die Kabelnetzbranche, sondern eine Chance.


10. Frage:

Vor allem jüngere Konsumenten verzichten vermehrt auf einen klassischen Internetanschluss und surfen in den eigenen vier Wänden via Mobilfunk-Hotspot. Ist es nicht offensichtlich, dass dieser Trend die SUISSEDIGITAL-Mitglieder hart treffen wird?

Antwort:
Nein. Zwar ist unbestritten, dass heute zu Hause sehr viel kabellos gesurft wird. Die Frage ist jedoch, welcher Zugangspunkt dazu genutzt wird. Wenn es um Anwendungen mit hohen Anforderungen an Leistung, Geschwindigkeit und Stabilität geht – wie z.B. beim kompetitiven Online-Gaming, 4K-Video-Streaming und Cloud-Lösungen – ist ein Zugangspunkt auf der Basis eines Festnetzes einem Mobilfunk-Hotspot überlegen. Der Grund: Mauern und Wände stellen für Mobilfunksignale Hindernisse dar, die zu Störungen und einer Leistungsreduktion führen können. Zu einem modernen Haushalt wird deshalb auch in Zukunft ein leistungsfähiger Festnetzinternetanschluss gehören. Gerade Jugendliche, die oft eine Affinität zu Online-Games haben, überlegen es sich wohl sehr genau, ob sie auf einen Festnetzinternetanschluss verzichten wollen. Es darf deshalb bezweifelt werden, dass es immer mehr Haushalte gibt, die auf Festnetzinternet verzichten. Festnetzinternet gehört zu einem modernen Haushalt wie ein Strom und Wasseranschluss. Dies wird auch in Zukunft so sein.


11. Frage:

China hat mit seinen 1,3 Mrd. Einwohnern drei Mobilfunkanbieter. Die Schweiz hat ebenfalls drei Mobilfunkanbieter. Noch fragmentierter ist das Bild bei den Internet Service Providern und Kabelnetzbetreibern. Müsste es nicht zu einer massiven Konsolidierung kommen?

Antwort:
Die Schweiz ist in Bezug auf die Erschliessung mit Telekommunikationsinfrastrukturen Weltklasse. Dazu hat die fragmentierte und föderalistische Struktur der Kabelnetzbranche schon immer beigetragen. Dass sich die Konsolidierung fortsetzt, ist zwar aufgrund der global tätigen Over-the-Top-Anbieter wie Netflix, Amazon, YouTube, Facebook etc. absehbar. Gleichzeitig ist es eine Tatsache, dass es auch für kleinere Kabelnetzbetreiber mit einer klaren Kooperationsstrategie, einer guten lokalen Verankerung und einem hervorragenden Kundendienst in unserer föderalen, mehrsprachigen Schweiz Nischen gibt und auch in Zukunft geben wird. Viele SUISSEDIGITAL-Mitglieder besetzen erfolgreich solche Nischen, was angesichts der grossen Konkurrenz eine hervorragende Leistung ist.